Als Profifotograf wird mir im Bekanntenkreis immer wieder die Frage gestellt, welche Kamera man kaufen solte.
Und mal abgesehen davon, dass ich mir selbst schon lange nicht mehr regelmässig die neuste und beste Kamera kaufe, ist die Frage sowieso nicht ganz einfach zu beantworten.
Deshalb möchte ich meine Gedanken an dieser Stelle einmal festhalten und im folgenden Artikel auch auf weiterführende Links verweisen. Denn auch für meine eigene Kaufentscheidung verlasse ich mich niemals nur auf eine Quelle.
In diesem Artikel findest du ausserdem meine persönliche Lieblingskamera sowie Antworten, die meine Newsletter-Leser mir auf meine Nachfrage geschickt haben.
Aber wir beginnen einmal mit den grundsätzlichen Fragen.
Welche Fragen solltest du dir stellen, wenn du eine neue Kamera kaufen willst?
Es geht nämlich nicht darum, welche Kamera die beste ist. Wirklich nicht!
Und jetzt will ich natürlich nicht auf Sätze wie: “Nicht die Kamera, der Fotograf macht das Bild.” verweisen. Das stimmt zwar auch, aber beim Kamerakauf geht es schon auch um die Technik.
Doch leider gibt es “die beste” Kamera einfach nicht. Noch nicht einmal, wenn Geld gar keine Rolle spielen würde. Da Geld aber meistens doch eine Role spielt, kann man sich an dieser Stelle schon einmal entspannen. Mehr Geld macht die Entscheidung nicht einfacher. Das Budget grenzt nur das Preissegment ein, in dem man sich eine Kamera aussucht. Aber in jeder Preisklasse gibt es immer noch eine riesige Auswahl.
Frage 1: In welchem Preissegment suchst du?
Für fast jeden Betrag (ab ca. 500,- EUR) gibt es heute gute Kameras zu kaufen. Dabei gilt in vielen Fällen die Regel: Du bekommst, was du bezahlst. Was bedeutet, für mehr Geld bekommt man meist eine bessere Qualität oder bessere Features. Es gibt im Kameramarkt leider keinen Geheimtipp, der einem alles für den halben Preis liefert.
Man kann nur versuchen, im Rahmen des eigenen Preislimits so viele Eigenschaften wie möglich zu bekommen, die man persönlich an einer Kamera braucht.
Und damit kommen wir zur nächsten Frage.
Frage 2: Was willst du überhaupt damit fotografieren?
Die meisten Hobbyfotografen werden diese Frage mit “alles mögliche, Reisen, Familienfeiern, meine Enkel, usw.” beantworten. Und das ist auch schon eine hilfreiche Antwort. Denn sie zeigt, dass es keine sehr spezifischen Anforderungen gibt.
Anders sieht die Sache aus, wenn jemand antwortet: “Ich will damit Porträtfotos im Studio und Outdoor machen und mir damit eine Selbstständigkeit aufbauen.”
Oder: “Ich will beim Fussball von der Seitenlinie fotografieren.”
Oder: “Ich bin Reisefotograf und will atemberaubende Landschaftsfotos in Norwegen machen.”
Und natürlich: “Ich will Hochzeiten und Brautpaare fotografieren und brauche eine Ausrüstung, die besonders zuverlässig und ausdauernd funktioniert.”
Für solche speziellen Anforderungen wird man genauer auf die Ausrüstung schauen und voraussichtlich ist man da auch schon in einem höheren Preissegment unterwegs.
Von da aus ergeben sich dann entsprechende Folgefragen:
Passt mir das Gewicht der Ausrüstung?
Gibt es gute Objektive für meinen Verwendungszweck? Z.B. Porträt- oder Makroobjektive, Teleobjektive für Tierfotografie usw.
Und über diese Fragen kommt man dann zu den technischen Grundsatzfragen.
Frage 3: Welches Kamerasystem soll es sein – Vollformat oder ein kleinerer Sensor?
Ich selbst habe viele Jahre mit Vollformatkameras von Nikon gearbeitet. Vollformat bedeutet, dass der Sensor der Digitalkamera genauso gross ist, wie früher ein Kleinbildnegativ. So hat es einmal angefangen mit der digitalen Fotografie. Aber es gibt eben auch kleinere Sensoren in verschiedenen größen. Den kleinsten Sensor finden wir wahrscheinlich im Smartphone, und das macht inzwischen auch beeindruckend gute Bilder.
Bei Kameras gibt es drei populäre Systeme: Vollformat, APS-C und Micro-Four-Thirds. Der wesentliche Unterschied ist die Grösse des Sensors in absteigender Reihenfolge.
Alle drei sind geeignet um damit sehr gute, auch professionelle Fotos zu machen. Ich habe alle schon verwendet, auch für professionelle Aufträge. Für den Kunden machte das keinen Unterschied.
Doch: Je größer der Sensor, desto größer müssen die Objektive sein. Das ist in physikalisch optischen Gesetzen begründet, die sich bis heute nicht verändert haben. Deshalb sind Vollformat-Objektive schwerer und bei guter Qualität auch teurer als bei kleineren Sensoren.
Es gibt weitere Unterschiede. Die Bilder sehen leicht anders aus. Die Physik lässt sich nicht ganz austricksen. Besonders im Vergleich zwischen Vollformat und MFT (Micro-Four-Thirds) kann man eine etwas andere Anmutung feststellen. Aber das im Grunde auch nur, wenn man sich damit auskennt.
Das Argument, man könnte Bilder aus einer Vollformat-Kamera in größeren Formaten ausdrucken, stimmt aber so pauschal ganz und gar nicht. Dabei kommt es auf die digitale Auflösung an, und die ist bei Vollformat-Kameras nicht grundsätzlich höher.
Die Redaktion der Preisvergleichs-Seite idealo hat hierzu einen Artikel verfasst, in dem auch die Funktionsweise einer Spiegelreflexkamera noch einmal erklärt wird. Ausserdem werden die derzeit populärsten Kamerasysteme im DSLR-Markt aufgelistet.
Meine persönliche Empfehlung kommt in der Liste nicht vor. Die findest du etwas weiter unten in diesem Artikel.
Zusatzfrage: Muss es in 2021/ 2022 noch eine Spiegelreflexkamera sein (DSLR) ? Oder lieber eine Kamera ohne Spiegel (DSLM)?
Viele Jahre war die Spiegelreflexkamera das System der Profis. Im Vergleich zu den einfacheren Sucherkameras, bei denen man das Objektiv nicht wechseln konnte und wenn doch, konnte man nicht mehr sehen, wie das fertige Bild aussehen würde. Deshalb brauchte man den Spiegeltrick der Spiegelreflexkameras.
Dazu muss der Spiegel für den Moment der Belichtung rasend schnell aus dem Weg klappen, was das charakteristische Klacken erzeugt. Leise fotografieren geht also nicht. Ausserdem geht die Mechanik, die den Spiegel mit sehr viel Schwung bewegt, über kurz oder lang kaputt. Deshalb muss man beim Kauf einer gebrauchten DSLR unbedingt nach der Zahl der Auslösungen fragen, um einschätzen zu können, wie lange die Kamera noch halten wird.
Heute sieht das Ganze anders aus. Denn inzwischen haben spiegellose Kameras einfach einen kleinen LCD-Monitor im Sucher eingebaut. Ein eingebauter Computer zeigt in Echtzeit an, wie das Bild aussehen wird, inklusive Belichtung und allem Drum und dran.
In der Anfangszeit waren diese eingebauten Displays noch pixelig und hinkten der Realität zeitlich etwas hinterher. Das ist aber nicht mehr so. Spiegelreflexkameras sind daher Dinosaurier der Kamerabranche und werden über kurz oder lang aussterben.
Auch hier gibt es eine Ausrüstungsübersicht von idealo, die die bekanntesten Marken enthält, aber eben in meinen Augen wieder nicht ganz vollständig ist. Dennoch ist es lohnend, sich den Artikel einmal anzusehen.
Meine persönliche Empfehlung zur Ausrüstung für Fotografen 2021/ 2022
Ich habe mich vor ein paar Jahren für einen sehr guten Kompromiss aus meinen Bedürfnissen entschieden.
Meine Wünsche:
- Nicht mehr so viel Gewicht mit mir herum schleppen.
- Keinen laut klackernden Spiegel mehr in der Kamera haben.
- Dennoch eine sehr gute Bildqualität und hochwertige Objektive haben.
- In sehr guter Qualität filmen können mit derselben Kamera.
- Einen eingebauten Bildstabilisator in der Kamera haben.
Das alles findet man im Fuji X Kamerasystem mit einem APS-C Sensor, also einer Größenklasse unter dem Vollformat-System. Deshalb würde ich mir aktuell eine Fuji X-T4 kaufen.
Ich persönlich finde, das ein wesentlicher Punkt beim Kauf einer Kamera / eines Kamerasystems nicht betrachtet wurde.
Ich bin zwar kein Profifotograf aber engagierter und langjähriger Amateur im Wildlife und Portraitbereich.
Bevor ich mich für eine Kamera entscheide, sehe ich mir sehr intensiv das vorhandene Objektivprogramm und die damit verbundenen Preise an.
Für mich ist die Kamera zu einem großen Teil austauschbar. Es ist ein mehr oder minder großer schwarzer Kasten, der dafür sorgt das ich mit mehr oder wenig hoher Geschwindigkeit Bilder bekomme, die im magischen Dreieck zwischen ISO, Blende und Belichtungszeit entstehen.
Die zur Verfügung stehenden Objektive und deren Qualität sind – aus meiner Sicht – jedoch viel wesentlicher für das ablichten eines Bildes und entscheiden an vielen Stellen darüber ob ich ein Bild so machen kann, wie ich es mir vorstelle.
Die beste Kamera bringt nichts, wenn ich z.B. ein Portait machen möchte, bei der die Augen scharf aber schon wenige Millimeter dahinter vieles unscharf sein soll ich aber kein Objektiv mit f:1,2 oder f:1,4 bekomme.
Gerade auch die Preise für Objektive sind bei den einzelnen Herstellern massiv unterschiedlich.
Oder aber ich möchte gerne im Wildlife-Bereich Fotos machen, bekomme (zwar teure aber noch erschwingliche) über 400mm lange Brennweiten aber nur bei wenigen Herstellern.
Für mich war immer der angebotene Objektivpark ein wichtigeres Kaufkriterium als die Kamera.
Hallo,
ich denke am Ende muss und wird dass jeder selbst entscheiden müssen, ABER:
Während es zu „Spiegelreflexzeiten“ noch in allen Preissegmenten vernünftige Angebote gab, bekomme ich heute für eine halbwegs gut ausgestattete Vollformatkamera, ohne Spiegel und mit Objektiven, schon einen Kleinwagen. Bei den APS-C-Modellen, ebenfalls ohne Spiegel, sieht es nicht wirklich viel besser aus, da es auch hier nicht mehr soviel ernstzunehmende Anbieter gibt. Das ganze wird also für den Hobbybereich schnell uninteressant – ganz abgesehen von der „Schlepperei“.
Da sehe ich das MFT-Format im Moment als einzig vernünftige Alternative in Punkto Preis-Leistung, Qualität und Gewicht. Ich denke auch, dass sich hier viele Hobbyfotografen überschätzen und die Möglichkeiten der „großen“ Kameras meist nicht annähernd ausschöpfen, was in meinen Augen dann wiederum die Investition in eine „große Kamera“ nicht rechtfertigt. Wenn das Geld keine Rolle spielt ist das ja egal, aber ansonsten sehe ich hier und heute eher eine Kosten-Nutzen-Betrachtung. Leider! Ich bin gespannt wie es im APS-C-Sektor weitergeht, aber vermute mal, dass alles eher auf Vollformat hinausläuft und da bleibe ich dabei, zu teuer, zu groß, zu schwer.
Viele Grüße
Jens
Ich habe mir grad die X-T4 gekauft und bin fasziniert 🙂 Noch ist sie nicht vollkommen als verlängerte Hand zu betrachten, aber das dauert sicher nur noch wenige Tage… ich arbeite mich ein und bin jeden Tag erneut begeistert. Das ist MEINE Kamera.
Danke! In diesem recht kurzen Beitrag hast du ein komplexes Thema für mich so gut erörtert, dass ich jetzt auch verstehe, was der Unterschied bei den Sensoren ist. Der Artikel hilft mir bei meinen Überlegungen bezüglich einer neuen Kamera, wobei ich sagen muss: Die beste Kamera ist die, die man dabei hat. Daher liebäugle ich derzeit mit dem iPhone 13 Pro und würde eine Kamera nur mehr für gezielte Fotoausflüge verwenden.